Die Abenteuer des Prinzen Achmed

[threefourths_columns ]

Charlotte (Lotte) Reiniger, geb. am 2.6.1899 in Berlin-Charlottenburg, gilt als die Schöpferin des Silhouettenfilms. Die Abenteuer des Prinzen Achmed war der erste abendfüllende Trickfilm in der Filmgeschichte. Rund drei Jahre arbeitete die Scherenschnittkünstlerin mit ihren Kollegen, unter anderen der Maler und Avantgardefilmer Walter Ruttmann, an der Herstellung des Silhouettenfilms. Filmkünstlerische Ambitionen und großes handwerkliches Können finden in diesem Märchenfilm zusammen, dessen filigrane Figuren und phantasievolle Dekors verzaubern. Ein zeitlos schöner Film mit Motiven der Märchen aus 1001 Nacht, entstanden in Handarbeit an ca. 100.000 Einzelbildern. Das Deutsche Filminstitut/Filmmuseum ist im Besitz des filmischen Nachlasses der Künstlerin.

Zur Ehren Lotte Reinigers stellte das Deutsche Filmmuseum zu ihrem 100. Geburtstag im Jahre 1999 eine restaurierte Fassung ihres bekanntesten Films fertig. Von Die Abenteuer des Prinzen Achmed ist keine deutsche Originalfassung und kein (Kamera-) Negativ erhalten ist. Das älteste bekannte Material befindet sich im National Film and Television Archive (NFTVA) des British Film Institute: ein viragiertes Nitrozellulose-Positiv auf Agfa-Film mit eingeschnittenen englischen Zwischentiteln auf Kodak- und Pathé-Material der Jahre 1925-1927. Bei diesem Restaurierungsprojekt wurde erstmalig die viragierte Nitro-Kopie als Ausgangsmaterial verwendet, deren technischer Zustand gut ist, die Perforation ist weitgehend unbeschädigt. Erst mit den wieder entdeckten handschriftlichen Angaben auf dem Nitro-Print konnte die Einfärbung in einer der Originalkopie entsprechenden Weise erfolgen. Für die Zwischentitel wurde die vorliegende Zensurkarte aus dem Bundesarchiv-Filmarchiv verwendet. Die neu restaurierte Fassung folgt der Zensurkarte vom 15. Januar 1926 in den Titeltafeln und allen 124 Zwischentiteln, die vom Trickstudio Wilk, Berlin neu hergestellt wurden. Als Glücksfall erwies sich, daß die vollständige Partitur mit der Komposition von Wolfgang Zeller in der Library of Congress, Washington erhalten ist und damit zu den wenigen überlieferten Originalkompositionen der Stummfilmzeit gehört. Die darin eingeklebten Szenenbilder bestätigten die Akt- und Szenenfolge.

Die Gesamtlänge der Restaurierung beträgt 1.770 m. Die Kopierarbeiten führte das Kopierwerk L’Immagine Ritrovata in Bologna aus. Nach dem Desmet-Verfahren wurde über ein s/w Dup-Negativ, in das die neuen Zwischentitel eingeschnitten wurden, die viragierten 35mm-Vorführkopien gezogen.

[reveal title=“Inhalt“ ]
Ein böser Zauberer bietet dem Kalifen von Bagdad zum Geburtstag als Tausch für seine Tochter ein Zauberpferd an. Es gelingt dem Zauberer, den Sohn des Kalifen, Prinz Achmed auf das fliegende Pferd zu locken. Das ist der Beginn einer langen abenteuerlichen Reise für den Prinzen. Auf seiner ersten Station, Insel Wak-Wak, verliebt er sich in die Fee Pari Banu und nimmt sie mit auf die Reise. Aus Rache entführt der Zauberer die Fee und schenkt sie dem Kaiser von China als Sklavin. Prinz Achmed wird vom Zauberer an einen Berg gefesselt, in dessen Inneren eine gute Hexe lebt. Die gute Hexe vom Flammenberg befreit Achmed und hilft ihm, Pari Banu zu retten. Das nächste Abenteuer gilt es, für den Prinzen zu bestehen. Die Fee wird von Dämonen der Insel Wak-Wak entführt. Nur mit Hilfe von Aladins Wunderlampe kann er die Fee befreien. Prinz Achmed hilft Aladin beim Kampf mit einem Ungeheuer, dessen Wunderlampe vom bösen Zauberer gestohlen wurde. Die einzige, die noch helfen kann, ist die gute Hexe. In einem eindrucksvollen Zweikampf von Hexe und Zauberer kann die Hexe ihn überwältigen. Nachdem die Fee Pari Banu befreit wird, kehrt Achmed wieder zurück an seinen Hof und alle sind wieder glücklich vereint.[/reveal]

[reveal title=“Kritik“ ] H. W. (= Hans Wollenberg), Lichtbild-Bühne, Nr. 104, 3.5.1926
Unter allen Umständen muß der Versuch respektvoll begrüßt werden, Neuland für den Film zu erproben. Dieser überaus kühne Versuch, einen abendfüllenden Silhouettenfilm zu schaffen, steht in der Geschichte des Films vereinzelt da. Lotte Reininger, Walter Ruttmann und die übrigen Mitarbeiter haben mit einem Ernst und einer Hingabe gearbeitet, die nicht nur durch die technische Leistung Anerkennung und oft Bewunderung erzwingt.

(…) dem Geist des Trickfilms entsprechend, ist eine Zauberwelt geschaffen worden, in der immer das Unerwartete geschieht und das Wunderbare selbstverständlich wird.

Technisch ist die Beweglichkeit der Figuren mit bewunderungswürdigem Geschick gelöst. (…) Die Aufgabe ist nicht nur gelöst, sondern die Bewegungen erhalten ihre Bestimmung von der Musik, die Wolfgang Zeller erfindungsreich und eigentümlich geschaffen hat. Walter Ruttmann hat den Figuren einen wunderbar bewegten Hintergrund geschaffen mit großen Flächen, die sich verschlingen, mit Nebeldämpfen und zuckenden Körpern. Ganz besonders schön ist das Erscheinen der Geister, die von Aladins Wunderlampe gerufen werden. Nicht Gestalten huschen über die Fläche, sondern ein Heer von Lichtern, das anschwillt und fasziniert.

(…) Ein Silhouetten-Einakter von Lotte Reininger wird nicht nur ein künstlerischer Genuß sein, sondern wird auch seinen Zweck im Kino erfüllen. Aber fünf Akte sind zuviel für eine Kunstform, die von vornherein dazu bestimmt ist, ein flüchtiges Spiel zu sein, eine angenehme ästhetische Unterhaltung – die aber überall da versagen muß, wo Herz zu Herzen spricht. – Diese Feststellung muß bleiben, auch wenn man den außerordentlichen Beifall am gestrigen Tage in Betracht zieht, der wohl mehr dem Streben der Künstler galt, der hingebenden Arbeit dreier arbeitsreicher Jahre, als der vom Sinn des Kinos aus betrachteten filmmäßigen Leistung.

[/reveal]

[reveal title=“Credits“ ]

Regie Lotte Reiniger
Drehbuch Lotte Reiniger, nach Motiven des orientalischen Märchens 1001 Nacht
Animation Lotte Reiniger
Mitarbeit Walter Ruttmann, Bertold Bartosch, Alexander Kardan, Walter Türk
Aufnahmeleitung Carl Koch
Produktionsfirma Comenius-Film GmbH, Berlin
Kamera Carl Koch
Produzent Louis Hagen
Uraufführung 02.05.1926, Berlin (Volksbühne am Bülowplatz)
Verleihkopie: 35 mm, viragiert, stumm
Länge: 1.770 m – 66 Min / 24B/s
Preis: € 130

[/reveal]

[/threefourths_columns]

[onefourth_columns_last ]

Verleihkopie: 35 mm, viragiert, stumm
Länge: 1.770 m – 66 Min / 24B/s
Preis: € 130

Restaurierungsbericht (PDF)

[/onefourth_columns_last]

Bildergalerie

[nggallery id=6]