[imageeffect type=“shadow“ width=“769″ height=“328″ shadow=“shadow-medium“ alt=“lecture“ url=“https://deutsches-filminstitut.de/wp-content/uploads/2018/10/Chantal-Akerman-Too-Far-Too-Close769x328.jpg“]
[threefourths_columns ]Mit Jean-Luc Godard wird das Kino historisch, mit Chantal Akerman fängt es neu an: Das Werk der belgischen Regisseurin, Installationskünstlerin und Schriftstellerin Chantal Akerman (1950 – 2015) ist eine ausführliche und vielgestaltige Antwort auf die Frage, was im Kino möglich ist – jenseits der männlich geprägten Helden-Geschichten von D. W. Griffith bis Alfred Hitchcock. Akermans Filme, wie JEANNE DIELMAN, 23 QUAI DU COMMERCE, 1080 BRUXELLES, JE TU IL ELLE, D’EST oder LA CAPTIVE, sind im Kino ohne Vorbild und prägen mit ihrer bahnbrechenden feministischen Sichtweise die Ausdrucksmöglichkeiten des Films.
Akermans Ästhetik der Alltagserfahrung, ihr Überschreiten der Genregrenzen zwischen Spielfilm, Dokumentar- und Experimentalfilm, ihr Sinn für Dauer und Zeiterfahrung jenseits der Stechuhr-Dramaturgie des herkömmlichen Spielfilms machen sie zu einer Neuerfinderin der Formen des Kinos. Zugleich ist Akerman seit den 1970er Jahren eine Pionierin der filmischen Installation, mehr als zwei Jahrzehnte, bevor diese Form im Kunstbetrieb dominant wird. Als Tochter von Holocaust-Überlebenden ist Chantal Akerman zudem eine singuläre Zeitzeugin der historischen Brüche und Verwerfungen des 20. Jahrhunderts. Die Auseinandersetzung mit jüdischem Leben durchzieht ihre Filme auf vielfältige und subtil reflektierende Weise. Immer wieder umkreist Akermans Schaffen besonders die Beziehung zu ihrer Mutter und die Frage der Familienzugehörigkeit. Wie kaum einer Regisseurin zuvor gelingt es ihr, autobiographisches Material zum Stoff des Kinos zu machen.
Mit diesem bedeutenden Lebenswerk befassen sich in der Lecture & Film-Reihe „Die Erfinderin der Formen. Das Kino von Chantal Akerman“ neben Weggefährt/innen wie Babette Mangolte, Eric de Kuyper und Claire Atherton auch Kuratoren und Filmwissenschaftler/innen darunter Tim Griffin, Ivone Margulies, Alisa Lebow, Patricia White und Laliv Melamed.
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Das vollständige Programm unter chantal-akerman.de
Eine Veranstaltungsreihe des Kinos des Deutschen Filmmuseums und des Instituts für Theater-, Film- und Medienwissenschaft der Goethe-Universität gemeinsam mit dem Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ und dem DFG Graduiertenkolleg „Konfigurationen des Films“ (konfigurationen-des-films.de)
In Kooperation mit der hessischen Film- und Medienakademie
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Die Erfahrung des Schreibens war für Chantal Akerman ein essentieller Bestandteil des Filmemachens. Sie ließ sich inspirieren von Romanen von Isaac Bashevis Singer, Colette, Patricia Highsmith, Joseph Conrad und Marcel Proust. Ihr Zugang zum geschriebenen Wort war immer zugleich eine Herausforderung für ihre Arbeit als Filmemacherin. Die Proust-Verfilmung LA CAPTIVE von 2000 ist dafür ein Beispiel.
Eric de Kuyper ist Ko-Autor mehrerer Filme von Chantal Akerman, wie LA CAPTIVE und DEMAIN ON DÉMÉNAGE. Er ist Schriftsteller und Filmemacher und war überdies Professor für Filmwissenschaft an der Universität Nijmegen und stellvertretender Direktor des Nederlands Filmmuseum. Jüngst realisierte er einen sechsstündigen Film rund um eine Choreographie von Anne Teresa de Keersmaeker.
Mitschnitt
LA CAPTIVE Die Gefangene
Das Drehbuch von Chantal Akerman und Eric de Kuyper beruht auf „Die Gefangene“, dem 5. Band von „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ von Marcel Proust. Der Film erzählt die Geschichte von Simon und seiner Geliebten Ariane. Simon ist von schwächlicher Natur und verlässt nur selten die eigenen vier Wände. Seine Großmutter bedarf zudem ständiger Fürsorge, und auch die Beziehung zu Ariane wird durch Simons Wesen belastet. Eine der stärksten Proust-Lektüren der Filmgeschichte.
[/threefourths_columns] [onefourth_columns_last ]Donnerstag, 01.11.2018
20:15 Uhr
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Der Film beginnt mit Frauenbeinen, die durchs Bild zur Arbeit eilen. Und er endet mit dem Schließen der Ladentür. Dazwischen liegt Arbeit, die nicht, wie so oft, Anlass, sondern Vehikel für Geschichten vom Liebesleid und -glück ist. Geschichten, die getuschelt, irgendwie getanzt und fraglos gesungen werden. Bis Geschäftsschluss und die Braut unglücklich ist.
Verena Mund ist wissenschaftliche Koordinatorin im Graduiertenkolleg „Konfigurationen des Films“ an der Goethe-Universität Frankfurt. 2018 promovierte sie mit der Dissertation „Frauen vor Ort. Brücke, Switchboard, Theke.“
Mitschnitt
GOLDEN EIGHTIES
Das Musical GOLDEN EIGHTIES spielt in einer fiktiven Brüsseler Einkaufspassage, deren Frisörsalons und Herrenausstatter zur Bühne für große Emotionen werden. Man sehnt sich nach jemandem, himmelt sich an, startet Verführungsversuche, trifft sich nach langer Zeit wieder. Im Neonlicht der Schaufenster, zwischen Snack-Bar und Rolltreppe fließen Tränen, wird getanzt, gelacht und vor allem gesungen.
[/threefourths_columns] [onefourth_columns_last ]Donnerstag, 15.11.2018
20:15 Uhr
LES ANNÉES 80 Die Achtzigerjahre
LES ANNÉES 80 ist ein Unikum der Filmgeschichte: ein Dokumentarfilm, den Chantal Akerman während der Dreharbeit von GOLDEN EIGHTIES gemacht hat. Entstanden sind ein Film über den Filmprozess selbst und ein Beweis für Akermans Liebe zu Schauspielern und zum Filmemachen.
[/threefourths_columns] [onefourth_columns_last ]Samstag, 17.11.2018
18:00 Uhr
(Begleitfilm)
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SERIELLES SPRECHEN UND DIE ENTZAUBERUNG DER 1970eR JAHRE
Lecture von Ivone Margulies
in englischer Sprache
LES RENDEZ-VOUS D’ANNA verwendet einen antinaturalistischen Modus der Ansprache ans Publikum: Eine Figur richtet sich immer wieder ausführlich an einen schweigenden Zuhörer. Dieser ausführliche Dialog dient dazu, das Publikum in einen Austausch über Ideen zu verwickeln. Zugleich verwandelt er das zwischenmenschliche Drama in einen Stoff der Reflexion. Dieser Vortrag stellt die Frage, wie Filme, in denen ausführlich gesprochen wird, wie Jean-Pierre Melvilles LE SILENCE DE LA MER (1949) oder Robert Bressons LE DIABLE PROBABLEMENT (1976), zeitgenössische Realitäten thematisieren.
Ivone Margulies ist Professorin für Filmwissenschaft am Hunter College der City University of New York. Zu ihren Publikationen zählen Nothing Happens: Chantal Akerman’s Hyperrealist Everyday (1996), Rites of Realism: Essays on Corporeal Cinema (2003) sowie zuletzt In Person: Reenactment in Postwar and Contemporary Cinema (2018).
Mitschnitt
LES RENDEZ-VOUS D’ANNA Annas Begegnungen
D: Aurore Clément, Helmut Griem, Magali Noël. 127 min. DCP. OmeU
Anna ist eine Filmemacherin, die durch die Bundesrepublik tourt, um ihr neues Werk vorzustellen. Eine letzte Stadt fehlt noch, dann kann sie wieder nach Paris. Die Rückreise dauert länger als gedacht: In Köln verzögert sich die Weiterfahrt; in Brüssel steigt sie aus, um ihre Mutter – die sie selten sieht – zu treffen. Dabei trifft sie unterschiedliche Menschen, denen sie mit der immer gleichen Distanziertheit begegnet. LES RENDEZ-VOUS D’ANNA ist ein (Selbst-)Bildnis einer Regisseurin – zudem aber zeigt der Film ein Europa, das es nicht mehr gibt.
[/threefourths_columns] [onefourth_columns_last ]Donnerstag, 29.11.2018
20:15 Uhr
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LECTURE & FILM BEGLEITREIHE
Begleitend zum Besuch des belgischen Autorenfilmers Eric de Kuyper bei der Lecture & Film-Reihe zeigen wir seine ersten beiden Regiearbeiten.
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CASTA DIVA
Statische schwarzweiße Szenen zeigen männliche Figuren, die sich selbst spielen. De Kuypers Regiedebüt ist eine Studie der männlichen Bewegung. Als Tonspur: populäre Opernarien – und Fragmente ethnischer Gesänge. Die experimentelle Arbeit gewann den Hauptpreis beim „Festival international du jeune cinéma de Hyères“ in Südfrankreich. Als Gegenstück zu CASTA DIVA hat De Kuyper im folgenden Jahr NAUGHTY BOYS mit fast unveränderter Besetzung – Freunden und Studenten von ihm – gedreht.
[/threefourths_columns] [onefourth_columns_last ]Samstag, 24.11.2018
18:00 Uhr
NAUGHTY BOYS
Niederlande 1984. R: Eric de Kuyper
D: Emile Poppe, Jack Post, Paul Ruven. 110 Min. 16mm. OmU
Das Fest ist vorbei. Acht junge Männer in Smokings bewegen sich im Interieur einer Villa. Sie reden, aber ohne wirklich kommunizieren zu können. Die Atmosphäre schwankt zwischen Traurigkeit und einer kurzlebigen, forcierten Fröhlichkeit. Die Zeit in NAUGHTY BOYS ist nicht die Zeit, in der sich eine Handlung abspielt, sondern die stillstehende, fast tote Zeit der Melancholie, manchmal wieder in Bewegung gesetzt durch ein Karten- oder Schachspiel, durch Zitate von Marcel Proust oder Noel Coward sowie vor allem durch Tanz- und Gesangseinlagen aus alten Musicals und Revuen.