GELIEBT UND VERDRÄNGT – Oktober 2016

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„Großartig und irritierend“ nannte der Tagesspiegel die vom Deutschen Filminstitut mitveranstaltete Retrospektive zum bundesdeutschen Nachkriegskino, die im August dieses Jahres beim Festival del film Locarno zu sehen war. Und Daniel Kothenschulte schrieb in der Frankfurter Rundschau: „Man kommt kaum heraus aus dem Kino, um ja nichts zu verpassen.“ Um auch dem Frankfurter Publikum die Möglichkeit zu geben, an dieser Retrospektive teilzuhaben, zeigt das Kino des Deutschen Filmmuseums eine Auswahl wichtiger Filme der Reihe, ergänzt um eine große Zahl weiterer entdeckungswürdiger Werke.

Das Anliegen dieser Schau: zu zeigen, dass das Kino der Adenauer-Ära sich bei genauerem Hinsehen als vielgestaltiger, ambivalenter und brüchiger erweist als gängige filmhistorische Erzählungen glauben machen; dass es politischer und poetischer, ästhetisch ambitionierter und abgründiger, wilder und sinnlicher war als sein Ruf. Schon 1989 hat das Deutsche Filmmuseum eine einflussreiche Ausstellung und Filmreihe präsentiert, die erstmals wieder die Aufmerksamkeit auf eine Kino-Ära lenkte, die in ihrer Zeit, den 1950er und 1960er Jahren, immens populär, mit dem Verdikt der Oberhausener im Jahr 1962 („Papas Kino ist tot“) aber tunlichst geschmäht war. „Nie wieder war der westdeutsche Film so vielseitig“, schrieb Rüdiger Suchsland anlässlich der Retro über dieses Kino, in dem Kunst und Kommerz neben- und miteinander existierten. „Die vergessene Geschichte dieses Kinos hat es verdient, erzählt zu werden.“

[reveal title=“Mehr“ ]

Anders als in Locarno, wo der Kriminalfilm als Genre im Vordergrund stand, liegt im Deutschen Filmmuseum ein starker Akzent auf dem Heimatfilm: einem genuin bundesrepublikanischen Phänomen, das bislang in seiner Komplexität und Bedeutung kaum gewürdigt wurde. So unterschiedliche Werke wie Richard Häußlers DAS DORF UNTERM HIMMEL, Wolfgang Liebeneiners WALDWINTER – GLOCKEN DER HEIMAT oder Staudtes ROSE BERND demonstrieren nachhaltig, dass in dieser oft als bloß idyllisch und versöhnlerisch verschrienen Bilder- und Ideenwelt realiter die großen gesellschaftli- chen Kampfzonen der Nachkriegszeit mit einer immer wieder erstaunlichen Energie und Exaktheit vermessen wurden: Geschlechter- und Besitzverhältnisse, Flucht und Verfolgung, Fremdenfeindlichkeit, aber eben auch die ganz grundsätzliche Frage danach, was nun Heimat, eine Gemeinschaft von Menschen, ausmacht. KIRMES, aber auch Frank Wisbars BARBARA und Wolfgang Schleifs DER ROTE RAUSCH zeigen außerdem, dass der Heimatfilm alle möglichen Landschaften, von der Eifel bis zum Nordatlantik, und damit auch ganz unterschiedliche Orte der Angst und der Sehnsucht erkundete. Die Auswahl ist heiter gestimmt, lustvoll, mit einem Zug zur Frivolität, bis hin ins Delirante.

Das zeigen so unterschiedliche Titel wie Paul Martins DIE FRAUEN DES HERRN S., Kurt Hoffmanns KLETTERMAXE, Paul Mays DIE LANDÄRZTIN oder Hans Schott-Schöbingers NACKT, WIE GOTT SIE SCHUF. Wer sich die Zeit nimmt, die Reihe möglichst umfassend in Augenschein zu nehmen, dem helfen diese Filme vielleicht, das Idiosynkratische, Unerwartete, Legere, Verwegene in strenger wirkenden Werken wie Harald Brauns NACHTWACHE oder Rolf Hansens AUFERSTEHUNG zu erkennen. Es ist ein lebendiges, vielschichtiges, reiches Kino, das in einem so intensiven Dialog mit seinem Publikum stand, wie man es seither nicht mehr gesehen hat.

Die für Frankfurt zusammengestellte Auswahl enthält jene Filme, die in Locarno am meisten für Furore sorgten, darunter Hans H. Königs ROSEN BLÜHEN AUF DEM HEIDEGRAB und Wolfgang Staudtes KIRMES. Eröffnet wird die Retrospektive mit zwei Meisterwerken: Helmut Käutners SCHWARZER KEIS, für den er 1962 den „Preis der Jungen Filmkritik für die schlechteste Leistung eines bekannten Regisseurs“ erhielt, in dem sich heute jedoch eine zeitlose Qualität erkennen lässt und Harald Brauns DER GLÄSERNE TURM. Beide Filme sind auf ganz unterschiedliche Art und Weise Generalabrechnungen mit dem Wirtschaftswunderland.

Vielen Filmen sind thematisch, stilistisch oder atmosphärisch korrespondierende Kurzfilme vorangestellt, die ihrerseits neu- und wieder zu entdecken sind. Vor fast allen Filmen wird es Einführungen geben: Olaf Möller, Kurator der Retrospektive in Locarno, stellt viele der Filme persönlich vor. Auch Autorinnen und Autoren des Katalogs zur Retro sind bereits im Oktober zu Gast im Filmmuseum: der Soziologe und Tongestalter Fabian Schmidt, der Regisseur Rainer Knepperges, Rudolf Worschech, leitender Redakteur von epd Film, Christoph Huber vom österreichischen Filmmuseum sowie die Film- historikerin und Ausstellungskuratorin Stefanie Plappert.

locarno-deutsch-700px-rgb-72dpiDas Begleitbuch zur Retrospektive, aufgrund der großen Nachfrage schon in zweiter Auflage erschienen, ergänzt die Filmschau mit 33 Essays und einer Vielzahl – teils bisher unveröffentlichter – Bilder. Zu den Autoren gehört etwa Dominik Graf, der den Männerbildern im Kino der Adenauer-Ära nachspürt, den Stars und den Eigentümlichkeiten ihrer Darstellungsweisen. Carolin Weidner beleuchtet den Zusammenhang zwischen der jungen deutschen Literatur und der Filmindustrie, während Christoph Huber die Populärliteratur und ihre vielfache Verarbeitung in (Genre-) Filmen betrachtet. Rudolf Worschech lenkt den Blick auf das hohe technische wie künstlerische Können der Kameraleute der Nachkriegszeit, Stefanie Plappert porträtiert den Regisseur Victor Vicas, und Rainer Knepperges weist nach, dass „Papas Kino“ im Grunde „Mamas Kino“ war. Kaum erschienen, gilt „Geliebt und verdrängt“ schon als „Standardwerk“ (Verena Lueken, FAZ) und war bereits Filmbuch des Monats August (hhprinzler.de). Für Horst Peter Koll im Film-Dienst liegt die Qualität des Buchs darin, „dass es sich bemüht, nicht in Vorurteile zu verfallen, also auch nicht das verpönte ‚Opas Kino‘ gegen den ‚rebellischen‘ Jungen deutschen Film auszuspielen, sondern in einer Gesamtschau auf das kreative Potenzial in allen Genres und Formaten zu verweisen, auf Durchlässigkeiten, frühe Kontinuitäten und komplexe Entwicklungslinien, die man bisher zu schnell übersehen hat (wollte), um bequeme Schlagworte, Kategorien und Urteile zu kreieren.“

Herausgegeben von Claudia Dillmann und Olaf Möller
416 Seiten, 270 Abbildungen, 24,80 €

Der Katalog wird ermöglicht durch die Förderung der Georg und Franziska Speyer’schen Hochschulstiftung, des Förderkreises des Deutschen Filminstituts und von German Films.

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Die Reihe wird im November mit weiteren Filmen, darunter DIE ROTE (BRD 1962) und VIELE KAMEN VORBEI (BRD 1956), und Gästen im Kino des Filmmuseums und auch in der Caligari FilmBühne, Wiesbaden, fortgesetzt.

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DER GLÄSERNE TURM

BRD 1957. R: Harald Braun
D: Lilli Palmer, O. E. Hasse, Peter van Eyck. 105 Min. 35mm

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Die Frau eines Magnaten will nicht mehr bloße Dekoration für das Leben ihres erfolgreichen und mächtigen Gatten sein und versucht, an ihre Vergangenheit als Schauspielerin anknüpfend, aus dem „gläsernen Turm“ ihrer Ehe auszubrechen … Eines der signifikantesten Werke jener Epoche: Ein Melodram mit Gerichtsfilm-Haarnadelkurven über Ehe- und Besitzverhältnisse und dabei auch ein Versuch einer Abrechnung mit der Gesellschaft der Adenauer-Ära als giftiges und verlogenes Biedermei- er der Moderne und dessen Vorstellung von Schönheit und Harmonie.

[reveal title=“Mitschnitt der Einführung“ ]

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[/threefourths_columns] [onefourth_columns_last]Sonntag, 09.10.2016
17:30 Uhr

Begrüßung:
Claudia Dillmann

Einführung:
Olaf Möller (Kurator)

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SCHWARZER KIES

BRD 1961. R: Helmut Käutner
D: Helmut Wildt, Ingmar Zeisberg, Hans Cossy. 111 Min. 35mm

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schwarzerkies

Heimat, deine Düsternis. Oder auch: Zwei Streitfälle, zwei Filme, die aus diversen Gründen, die man mit dem Wort „Zensur“ bezeichnen müsste, rabiat nachgekürzt wurden. NOTIZEN AUS DEM ALTMÜHLTAL zeigt das BRD-Hinterland von seiner unromantisch-verbohrten, aber auch zurückgeblieben-ärmlichen Seite. SCHWARZER KIES dramatisiert in knalligen Noir-Halbtönen die Auswirkungen der Besatzung auf die Bevölkerung des Hunsrückkaffs Sohnen – gemeint war damit Lautzenhausen, nahe der US-amerikanischen Hahn Air Base. Eine hellsichtig-zynische Generalabrechnung mit der BRD.

Vorfilm: NOTIZEN AUS DEM ALTMÜHLTAL BRD 1961. Hans Rolf Strobel & Heinrich Tichawsky. 18 Min. 35mm

[reveal title=“Mitschnitt der Einführung“ ]

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[/threefourths_columns] [onefourth_columns_last ]Sonntag, 09.10.2016
20:15Uhr

Einführung:
Olaf Möller (Kurator)

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DAS DORF UNTERM HIMMEL

BRD 1953. R: Richard Häussler. D: Hedwig Wangel, Sepp Rist,
Peter Mosbacher. 97 Min. 35mm

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dorfuntermhimmel

Zuerst ein visuell beeindruckendes Stück Tourismuswerbung im straff-ornamentalen Ufa-Kulturfilmstil. Dann ein grimmiger Heimatkrimi um Nymphomanie, Schmuggler, Totgeburten, Blutnächte und Gewalt in der Ehe, wo der Narr (gegeben von Lederhosenerotikaxiom Franz Muxeneder) sich als einziger Weiser erweist. Dem breit angelegten Figurenarsenal und einigen halsbrecherischen Wendungen merkt man an, dass der Film auf einem Stoff des großen Exploitation-Melodramatikers Rolf Olsen fußt.

Vorfilm WEINLESE IN DER WACHAU BRD 1954. R: Clarisse Dreyer-Patrix. 15 Min. 35mm (Kopie des Österreichischen Filmmuseums)

[/threefourths_columns] [onefourth_columns_last ]Montag, 10.10.2016
19:00 Uhr

Einführung:
Olaf Möller (Kurator)

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DAS LIED VON KAPRUN

BRD/Österreich 1955. R: Anton Kutter. D: Waltraut Haas,
Albert Lieven, Eduard Köck. 108 Min. 35mm

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Begonnen in den späten 1920ern, doch rasch begraben von der Weltwirtschaftskrise, aufgegriffen von den Nazis, doch an der Materiallage (sowie wohl letztlich dem fehlenden Interesse der Entscheidungsträger) gescheitert, entwickelte sich der Bau des Kraftwerks Kaprun im Salzburger Land zu einem der Vorzeige- wie Identitätsstiftungsprojekte der Zweiten Republik: Es ging um Gemeinschaft und Fortschritt, aber auch Kampfeswillen und Opfergeist. In DAS LIED VON KAPRUN wurde ein guter Kampf durch ein neues Österreich gewonnen … Luis Trenker berichtet davon mit den Augen des Architekten, Anton Kutter mit denen des Astronomieautodidakten.

Vorfilm KAPRUN – STROM FÜR EUROPA BRD 1956. R: Luis Trenker. 10 Min. 35mm

[/threefourths_columns] [onefourth_columns_last ]Montag, 10.10.2016
21:15 Uhr

Einführung:
Olaf Möller (Kurator)

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EINE FRAU FÜRS LEBEN

Deutschland 1938/50. R: Rolf Hansen
D: Rudi Godden, Ilse Werner, Gustav Waldau. 82 Min. 35mm

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"Eine Frau fürs Leben"DE 1938

Im Überläufer-Korpus finden sich vereinzelte Werke, die von den Nazis nicht zur Aufführung zugelassen worden waren und deshalb ihre Premiere zum Teil erst eine Dekade und mehr nach ihrer Fertigstellung feierten. Meister Rolf Hansens DAS LEBEN KANN SO SCHÖN SEIN zeichnet ein recht finsteres Bild vom Alltag in den späten reichsdeutschen 1930ern, inklusive Wohnungsnot und sexueller Nötigung am Arbeitsplatz. Als der Film schließlich 1950 unter dem Titel EINE FRAU FÜRS LEBEN startete, herrschte immer noch Wohnungsnot, und auch an den Verhältnissen zwischen den Geschlechtern hatte sich wenig verändert. So viel Kontinuität war selten.

[/threefourths_columns] [onefourth_columns_last ]Dienstag, 11.10.2016
17:00 Uhr

Einführung
Olaf Möller (Kurator)
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AUGEN DER LIEBE

Deutschland 1944/51. R: Alfred Braun
D: Käthe Gold, René Deltgen, Paul Wegener. 80 Min. 35mm

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In den letzten Monaten des Nazi-regierten deutschen Reichs entstand eine erstaunliche Anzahl von Filmen, die sich um Akte der Verstellung drehen, um Schauspielerei und Schwindel, um echte Gefühle und falsche Identitäten, moralische Grauzonen, Wahrheits- und Sinnsuche – Filme für später, von denen viele als Überläufer dann auch erst nach dem Sieg der Alliierten in die Kinos kamen. Einer der faszinierendsten stammt aus der Werkstatt Veit Harlans: In AUGEN DER LIEBE kann ein blinder Künstler nach einer Operation wieder sehen – verheimlicht dies aber seiner Gattin …

[/threefourths_columns] [onefourth_columns_last ]Dienstag, 11.10.2016
19:00 Uhr

Einführung:
Olaf Möller (Kurator)
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SCHWEDENMÄDEL

BRD/Schweden 1955. R: Thomas Engel & Håkan Bergström
D: Karlheinz Böhm, Maj-Britt Nilsson, Walter Giller. 95 Min. 35mm

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Neben Italien und Russland ist Fennoskandinavien und die melancholische Johannisnachtsleichtigkeit der dritte große deutsche Sehnsuchtsraum – der Traum von einer problemlos(scheinend)en, weil naturverbundenen Sexualität. SCHWEDENMÄDEL, co-inszeniert von dem immer wieder durch Eigensinnigkeiten und Verrücktheiten auffallenden Thomas Engel, entwickelt sich von einem quasi deplatzierten Heimat-Schlagerfilm zu einem strahlenden Stück Schärenschönheit – leger erst, leichtfüßig, schließlich traurig, dabei stets auf fast philosophische Weise heiter.

[/threefourths_columns] [onefourth_columns_last ]Dienstag, 11.10.2016
21:00 Uhr

Einführung:
Olaf Möller (Kurator)
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NACHTWACHE

BRD 1949. R: Harald Braun
D: Luise Ullrich, Hans Nielsen, Dieter Borsche. 110 Min. 35mm

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"Nachtwache"BRD 1949Luise Ullrich, René Deltgen

Die Bundesrepublik der ersten Jahre war geprägt von einer geradezu rabiaten Frömmigkeit, inklusive obskurantistischer Umtriebe aller Art, Scharlatanerie und Wunder(heilungs)gläubigkeit – man kann sich denken, warum … NACHTWACHE wurde zum an der Kasse wie bei der Kritik äußerst erfolgreichen Schlüsselfilm jener Periode. Auch, weil man die Geschichte über die weltlichen Probleme von zwei Geistlichen unterschiedlicher Konfessionen wie ein Passionsspiel schaute und als Parabel über die erlösende Macht des christlichen Glaubens (miss)verstand. Wenig lag Harald Braun in seiner existentialistischsten Stunde ferner.

[/threefourths_columns] [onefourth_columns_last ]Mittwoch, 12.10.2016
18:00 Uhr

Einführung:
Olaf Möller (Kurator)
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AUFERSTEHUNG

BRD/Italien/Frankreich 1958. R: Rolf Hansen
D: Horst Buchholz, Myriam Bru, Edith Mill. 106 Min. 35mm

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"Die Auferstehung"DE/IT/FR 1958Horst Buchholz, Myriam Bru

Große Adaptionen russischer Klassiker waren in der zweiten Hälfte der 1950er international angesagt, auch wegen ihres finanziellen Erfolgs; und so entstanden auch in der BRD als internationale Gemeinschaftsproduktionen parallel zwei (produktionslogistisch einander wiederholt in die Quere kommende) Tolstoi-Adaptionen: Carmine Gallones lebenslustig-saftiger POLIKUSCHKA (1958) und Rolf Hansens bei allem Aufwand asketisch-verinnerlichter, einem unnachgiebigen christlichen Proto-Existentialismus huldigender AUFERSTEHUNG. Deutsche Russiana vom Mächtigsten!

[/threefourths_columns] [onefourth_columns_last ]Mittwoch, 12.10.2016
20:30 Uhr

Einführung:
Olaf Möller (Kurator)
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ROSEN BLÜHEN AUF DEM HEIDEGRAB

BRD 1952. R: Hans H. König. D: Ruth Niehaus,
Hermann Schomberg, Armin Dahlen. 82 Min. 35mm. OmeU

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Die junge BRD mit all ihren Neurosen und Alltagssorgen findet sich hier verdichtet in einer Erzählung von Rückkehrern und Wiedergängern, von Verdammnis und Gnade. Ein Heide-Heimatfilm, so düster, dass er zum Ende hin die Schwelle überschreitet ins Reich des Schauerkinos – unwiederbringlich. Ein immer wieder neu zu entdeckendes Meisterwerk, das in seiner Schwere wie Nähe zum Horrorfilm typischer für die Epoche ist, als einen die Klischees glauben machen wollen: Angst und Paranoia sind der Schlüssel für die ambitionierte Genrekonfektion jener Jahre.

[/threefourths_columns] [onefourth_columns_last ]Freitag, 14.10.2016
18:00 Uhr

Einführung:
Christoph Huber
(Österreichisches Filmmuseum)
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DIE FRAUEN DES HERRN S.

BRD 1951. R: Paul Martin
D: Sonja Ziemann, Paul Hörbiger, Oskar Sima. 95 Min. 35mm

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Die Bundesbürger der frühen 1950er standen den Okkupationsmächten mit vorsichtiger Skepsis, wenn nicht pu- rer Feindseligkeit gegenüber. DIE FRAUEN DES HERRN S. ist eine Satire auf die Besatzung im altgriechischen Gewand, in dem Deutschland Athen gibt, die UdSSR das Perserreich, die USA Makedonien, Frankreich Korinth und Großbritannien Kreta. In dieser Welt der vielen Stimmen versucht Sokrates, die Polygamie einzuführen – offiziell zur Versorgung der Kriegswitwen und -waisen. Paul Martins Kabarett-Kabinettstück gehört zu den ersten BRD-Fällen, in denen ein Film aus höheren Erwägungen heraus umgearbeitet werden musste.

Vorfilm DER UNSICHTBARE STACHELDRAHT BRD 1951. R: Eva Kroll. 13 Min. 16mm

[reveal title=“Mitschnitt der Einführung“ ]

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[/threefourths_columns] [onefourth_columns_last ]Samstag, 15.10.2016
15:30 Uhr

Einführung:
Rainer Knepperges
(Autor und Filmemacher)
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ALRAUNE

BRD 1952. R: Arthur Maria Rabenalt
D: Hildegard Knef, Erich von Stroheim, Karlheinz Böhm. 92 Min. 35mm

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TRAUM IN TUSCHE ist eine animierte Phantasie mit schwer albtraumhaften Aspekten (inklusive nicht allzu symbolisch verbrämter Verweise auf die jüngere Vergangenheit). Mit ALRAUNE geht es traumgleich weiter, wenn auch in einem teilweise delirierenden Register – Hildegard Knef weiß sich lasziv zu räkeln, während ihr Schöpfer, Erich von Stroheim, wie ein jovialer Sadist wirkt, stets lässig auf der Lauer nach seinem nächsten Opfer spähend. Eine Abweichung sui generis in dem an Abweichungen wahrlich nicht armen Kino der 1950er.

Vorfilm TRAUM IN TUSCHE BRD 1952. R: Rolf Engler. 9 Min. 35mm

[/threefourths_columns] [onefourth_columns_last ]Samstag, 15.10.2016
20:15 Uhr

Einführung:
Rainer Knepperges
(Autor und Filmemacher)
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ROSE BERND

BRD 1957. R: Wolfgang Staudte
D: Maria Schell, Raf Vallone, Käthe Gold. 98 Min. 35mm

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"Rose Bernd"BRD 1956/1957Siegfried Lowitz (links), Maria Schell (rechts)

Nach dem Erfolg von Robert Siodmaks DIE RATTEN (1955) entstanden innerhalb weniger Jahre weitere (oft die Flüchtlingsproblematik tangierende) Gerhart-Hauptmann-Modernisierungen – der künstlerisch vielleicht aufregendste Zyklus im gehobenen BRD-Kino der Ära. Ästhetisch am weitesten ging dabei Wolfgang Staudte: Er gestaltete seine ROSE BERND als sardonische Heimatfilmvariation – mit einer bestechend strengen, an Brecht geschulten Regie, zu deren gewagtesten Elementen der eigenartig zwischen Süddeutschland und Ostpreußen changierende Kunstdialekt Maria Schells sowie Raf Vallone als wandelnder V-Effekt gehören.

[/threefourths_columns] [onefourth_columns_last ]Sonntag, 16.10.2016
13:00 Uhr

Einführung:
Christoph Huber
(Österreichisches Filmmuseum)

Freitag, 21.10.2016
20:30 Uhr
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KLETTERMAXE

BRD 1952. R: Kurt Hoffmann
D: Liselotte Pulver, Albert Lieven, Charlott Daudert. 86 Min. 35mm

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"Klettermaxe" BRD 1952 Lieselotte Pulver, Albert Lieven

Wer ist Klettermaxe? Wer krabbelt Häuserfronten hinauf und hinab, um Gaunern, Ganoven und Gangstern ihre Beute zu entwenden und an Bedürftige zu verteilen? Die kubanische Schöne Corry Bell, zu Gast bei ihrem Cousin, dem Krimiautor Max Malien, ist ganz baff, als sie die Identität des Vigilanten herausfindet … Eine quirlig-fetzige Mischung aus aktualisierter Populärliteratur-Neuverfilmung, Screwball-Komödie und Sensationsfilm, dessen wahrer Star am Ende das Stuntdouble Arnim Dahl war. In dieser Welt der Masken und Janusköpfe passt es dann auch perfekt, dass Dahl sich in einer Szene quasi selbst jagt – als Polizist, der Klettermaxe verfolgt!

[/threefourths_columns] [onefourth_columns_last ]Sonntag, 16.10.2016
17:00 Uhr

Einführung:
Christoph Huber
(Österreichisches Filmmuseum)
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BARBARA

BRD 1961. R: Frank Wisbar
D: Harriet Andersson, Helmut Griem, Maria Sebaldt. 96 Min. 35mm

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barbara

BARBARA ist die erste Verfilmung von Jørgen-Frantz Jacobsens gleichnamigem, 1939 posthum (und letztlich als Fragment) veröffentlichten Roman über die Liebe einer Pastorenwitwe zu dem Nachfolger ihres Gatten. Frank Wisbar, zu den Frauenfiguren seines Vorkriegsschaffens ein letztes Mal zurückkehrend, hat das alles etwas weltlicher ausgelegt, aus dem Geistlichen einen Arzt gemacht und die Geschichte im 20. statt im 17. Jahrhundert angesiedelt, dabei aber den Kern Barbaras beibehalten: Sie ist treu auf ihre Weise, aber sie fällt immer. Da ist etwas Tragisches an dem hoffnungslosen Kampf zwischen der guten Barbara und der unzuverlässigen.

[reveal title=“Mitschnitt der Einführung“ ]

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[/threefourths_columns] [onefourth_columns_last ]Montag, 17.10.2016
18:00 Uhr

Einführung:
Fabian Schmidt (Soziologe und Tongestalter)
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VENUSBERG

BRD 1963. R: Rolf Thiele
D: Marisa Mell, Nicole Badal, Monica Flodquist. 88 Min. 35mm

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Zuerst eine faszinierende Mischung aus ultrareduzierter Bauhaus-Bühnenkunst und animierter Malerei: DEN EINSAMEN ALLEN ist die letzte vollendete Soloregiearbeit von Franz Schömbs, des großen Verkannten der 50er-Jahre-Avantgarde, dessen Schaffen ob seiner scharfkantig-dissonanten Poesie zu seiner Zeit primär auf Widerspruch stieß. Ästhetisch ähnlich steil, wenn auch in milchig weiß und schlierig schwarz ist VENUSBERG, ein verschroben-verwegener Frauen-Film, der sich als Parabel über die vornehme Gesellschaft der letzten Adenauerjahre schauen lässt – eine Art Sittengemälde der Bonner Republik aus einem unerwarteten Blickwinkel.

Vorfilm DEN EINSAMEN ALLEN BRD 1962. R: Franz Schömbs. 8 Min. 35mm

[reveal title=“Mitschnitt der Einführung“ ]

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[/threefourths_columns] [onefourth_columns_last ]Dienstag, 18.10.2016
20:30 Uhr

Einführung:
Andreas Beilharz (Deutsches Filminstitut)
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ZWEI UNTER MILLIONEN

BRD 1961. R: Victor Vicas & Wieland Liebske
D: Hardy Krüger, Loni von Friedl, Walter Giller. 96 Min. 35mm

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"Zwei unter Millionen" BRD 1961 Loni von Friedl, Hardy Krüger

Noch ist die Grenze zwischen der BRD und der DDR offen, noch gibt es keinen antiimperialistischen Schutzwall, noch ist es nicht ganz so schwer, mit entsprechender Hilfe Rostock illegal in einem Lastwagen zu verlassen, Richtung Westberlin. Und nun sitzt Christine da, umgeben von Gütern, die sie sich nicht leisten kann, und versucht sich mit ihrem Fluchthelfer-Liebsten Karl über Wasser zu halten … Eine neorealistisch infizierte Straßenfilm-Preziose, in der man die wirtschaftswunderreich-korrupte BRD und Westberlin ziemlich exakt so zu sehen bekommt, wie es die DDR immer wieder gesagt hat – nur poetischer und zugleich rauer.

[reveal title=“Mitschnitt der Einführung“ ]

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[/threefourths_columns] [onefourth_columns_last ]Donnerstag, 20.10.2016
18:00 Uhr

Einführung:
Stefanie Plappert (Deutsches Filminstitut)

Dienstag, 25.10.2016
18:00 Uhr
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KIRMES

BRD 1960. R: Wolfgang Staudte
D: Götz George, Hans Mahnke, Juliette Mayniel. 102 Min. 35mm

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kirmes

Als beim Aufbau eines Karussells die Leiche eines Wehrmachtssoldaten gefunden wird, bricht unter den Würdenträgern eines Eifelkaffs Panik aus: Sie alle wissen, wer dieser junge Mann war – und warum er starb … Ein Bild sowohl des kollektiven Versagens im Nazi-Deutschland wie auch des kollektiven Verdrängens in der BRD. Der Film wurde zum Politikum, weil er es wagte, den Dorfpriester als feigen Kollaborateur darzustellen: In der stark klerikalospirituell geprägten BRD der 1950er gehörte der Mythos von den widerständigen Geistlichen beider Konfessionen zum Fundament des jungen Staates.

[/threefourths_columns] [onefourth_columns_last ]Sonntag, 23.10.2016
18:00 Uhr

Einführung:
Rudolf Worschech (epd Film)

Samstag, 29.10.2016
18:00 Uhr
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JONAS

BRD 1957. R: Ottomar Domnick
D: Robert Graf, Elisabeth Bohaty, Dieter Eppler. 87 Min. 35mm

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"Jonas"BRD 1956/1957Robert Graf

Zuerst ein Imagefilm für die Deutsche Bundespost in Gestalt eines visuell so furiosen wie an gestalterischen Facetten reichen Experimentalfilms, dessen Audiolandschaften der vor kurzem verschiedene Josef Anton Riedl mit dem Münchner Studio für elektronische Musik Fa. Siemens erarbeitete. Dann: Kafka im Nachkriegsbrutalismus-Wirtschaftswunderland, mit dem Nervenschauspieler-Kriegsversehrten Robert Graf als fleischgewordenem Zeit-Symptom: als Durchschnittsbürger, der durch eine Normentgleitung in eine existentielle Krise gerät, Verfolgungswahn inklusive.

Vorfilm KOMMUNIKATION – TECHNIK DER VERSTÄNDIGUNG BRD 1962. R: Edgar Reitz. 11 Min. 35mm

[reveal title=“Mitschnitt der Einführung“ ]

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[/threefourths_columns] [onefourth_columns_last ]Montag, 26.10.2016
20:30 Uhr

Einführung:
Winfried Günther (Deutsches Filminstitut)

Sonntag, 30.10.2016
18:00 Uhr
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DER ROTE RAUSCH

BRD 1962. R: Wolfgang Schleif
D: Klaus Kinski, Brigitte Grothum, Sieghardt Rupp. 87 Min. 35mm

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"Der rote Rausch" DE 1962 Klaus Kinski (rechts) in "Der rote Rausch"

Ein Programm wie ein äußerst verwirrender Albtraum: DIE PURPURLINIE ist buntes, frappierend poppiges Allegorienkino. Anschließend verknüpft Wolfgang Schleifs DER ROTE RAUSCH lässig Serienmörder-Schrecken mit Polit-Paranoia. Ein geisteskranker Frauenmörder gibt sich als Grenzflüchtling aus und versteckt sich bei einer ahnungslosen Bauernfamilie nahe der österreichisch-ungarischen Grenze. Die karge Landschaft um den Neusiedler See ist bewusst eingesetzt, tauchten hier doch nach der Ungarnkrise 1956 immer wieder Menschen, die über die Grenze geflohen waren, wie aus dem Nichts auf.

Vorfilm DIE PURPURLINIE BRD 1959. R: Flo Nordhoff. 14 Min. 35mm

[/threefourths_columns] [onefourth_columns_last ]Freitag, 28.10.2016
20:30 Uhr

Einführung:
Torgil Trumpler (Junger Filmclub Treppe 41)

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[two_columns ][button url=“/blog/geliebt-und-verdraengt-3/“ width=“full“ ]Fortsetzung der Reihe im November[/button][/two_columns] [two_columns_last ][/two_columns_last]