MiniFilmclub KiTa „Grüne Soße“: 3.-5. Treffen

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MiniFilmclub mit Kindern aus der KiTa „Grüne Soße“

Die Zeit, sie rennt, auch in diesem Projekt. Die Kinder der Grünen Soße waren mittlerweile schon weitere drei Mal bei uns zu Gast und wir einmal bei ihnen. Angesichts der Menge der Termine sind wir mit dem Blogschreiben nicht hinterhergekommen. Nun sind Herbstferien, wir atmen durch und holen nach!

3. Treffen

Beim dritten Besuch in unserem Haus stand der Ort „Kino“ im Mittelpunkt. Unsere MiniFilmclub-Mitglieder saßen in der ersten Reihe unseres schönen, roten Kinos und überlegten: Was ist hier anders als zu Hause beim Filmeschauen? – Der Vorhang. Die weichen Sessel. Es wird dunkel. Die anderen Menschen. Wenn ich mal raus muss, hält niemand für mich an… Das Bild ist so groß. Wir teilen analoge 35mm-Filmstreifen aus und beobachten, dass jedes Kind den Streifen anders anschaut: horizontal, vertikal, das Auge direkt ganz nah davor, mit Abstand, gegen das Licht. Viele einzelne kleine Bilder, aber noch keine Bewegung – dafür braucht es einen Apparat und einen Mensch, der den Film vorführt. Wir besuchen gemeinsam Michael Besser, einen unserer Vorführer, in dem Raum hinter dem Kino. Er zeigt uns die großen Apparate, legt einen Filmstreifen ein, hebt die Kinder einzeln hoch, damit sie durch eines der kleinen Fenster in den Kinoraum schauen können. Wir gehen wieder ins Kino und betrachten, wie die kleinen Bilder vom Streifen aussehen, wenn sie projiziert werden. Michael erklärt, dass sie durch eine Linse vorne im Projektor („etwas ähnliches wie eine Brille“) vergrößert werden und dass das starke Licht ein Geheimnis des Kinos ist. Und nun machen wir noch ein besonderes Spiel, zu dem wir von einem Kollegen aus dem Wiener Filmmuseum inspiriert wurden (Danke, Alejandro!): Der Vorführer legt Blankfilm in den Projektor, die Kinder sitzen im Kinosaal und rufen ihm Farbwünsche durch das Mikro zu: „Michael, bitte einen blauen Strich“, „Michael, nimm’ gelb!“ – und vorne auf der Leinwand wird es immer bunter und abstrakter, es rauscht und kratzt auf der Tonspur. Alle haben ihren Spaß, Michael inbegriffen, er kommt mit dem langen Filmstreifen mit den Farbspuren zu uns in den Saal und zeigt ihn den Kindern. Sie legen ihn in eine Schatz-Filmdose und nehmen ihn mit in die Einrichtung.

4. Treffen

Eine echte Premiere. Heute sehen wir – endlich – einen ganzen (kurzen) Film. Wir, das MiniFilmclub-Team, sind ein wenig nervös, wie werden die Kinder unsere Auswahl finden? Das Kino ist mittlerweile ein vertrauter Raum, noch immer rennen sie gerne durch die Reihen, am beliebtesten sind die Plätze in der ersten Reihe, sie krabbeln auf die hochgeklappten Sitze, eine etwas kippelige Angelegenheit. Die Kinder erinnern sich gerne an „ihren Michael“, wir stellen ihnen den heutigen Vorführer vor: Christian.

Auf dem Programm steht ein Avantgarde-Film aus dem Jahre 1949, „Begone Dull Care“ / „Trübsal Adé“ von Norman McLaren und Evelyn Lambart. Ein Film, der „handmade“ ohne Kamera entstanden ist, jedes Einzelbild ein Kunstwerk aus Farben und Formen, fast immer abstrakt, nur ganz selten sind konkrete Gegenstände erkennbar. Eine heitere, beschwingte Animation, die in ihrem grandiosen Zusammenspiel mit dem Rhythmus der jazzigen Musik des Oscar Peterson Trio gerade auf der großen Leinwand einen starken Eindruck hinterläßt und deutlich macht, was Film alles sein kann – eben auch Kunst. Wir haben uns entschlossen, wegen der mächtigen Wirkung erst einmal nur ein Stück davon vorzuführen.

Die erste Reaktion der MiniFilmclub-Mitglieder: „Das ist ja gar kein richtiger Film!“. Stimmt, dieser Film ist erstmal sehr ungewohnt, er ist etwas Besonderes. Es gibt keine (Identifikations-)Figuren, keine Geschichte. „Das ist verrückt, die Farben sind ausgekippt.“ Ja, stimmt auch. Norman McLaren hat direkt auf Filmstreifen gemalt und gekratzt. Das wollen wir nun auch gemeinsam machen, im 4. Stock warten schon Blankfilm, Filzstifte und Eiweißlasurfarben mit Pinsel. Alle machen sich eifrig an die Arbeit, jede/r gestaltet seinen eigenen Streifen, mit Punkten, vollfarbigen Flächen, mit Buchstaben oder auch einfach wild mit Krikelkrakel. Die mit Filzstift bearbeiteten Streifen kleben wir zusammen und führen sie erst mit einem Kinderprojektor im Seminarraum vor, aber dann ertönt zu unserer großen Freude ein gemeinsamer Sprechgesang der Kinder: „Kino, Kino, Kino!“ Und diesem Wunsch folgen wir doch gerne. Christian legt den selbstgemalten Film der MiniFilmclub-Kinder in den Projektor ein und wir erkennen gemeinsam, wie ungeheuer schnell die selbst gemalten Bilder auf der Leinwand vorbeiziehen, wieviel Arbeit also in dem Werk von Norman McLaren und Evelyn Lambart steckt. Danach sehen wir nochmal „Trübsal Adé“, diesmal zeigen wir aber vorweg einzelne Filmstills als Ausdrucke: Schaut mal genau hin, ob ihr diese Dinge erkennen könnt. Die Kinder beschließen: Wir rufen, wenn wir was entdecken. Und siehe da, was nun alles auftaucht: Schaufeln, ein Haus, tanzende Linien, Herbstblätter und Vögel. Beim zweiten Mal sehen ist das Vergnügen schon deutlich größer. Zum Abschluss des Treffens überreichen wir die erste DVD zum Mitnehmen.

Und dann erreichte uns diese Email aus der Grünen Soße: „Es wird euch freuen, zu hören, dass ‚Trübsal ade’ heute von morgens bis abends nur durchs Essen unterbrochen lief. Es schauten immer andere Kinderkonstellationen zu, F. hatte die Fernbedienungsmacht und befand, sie sei nun erwachsen, G. sah noch viele Lollis, S. tanzte einen Ausdruckstanz, alle hüpften, um den Film einzufangen, S. sagte, das sei die ‚Regenbogenwelt’ und alle sind sich einig, dass Kino toll ist. Also eingezogen ist er, der Film :)“

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Der Film hält Einzug in der KITA

Ein paar Tage später haben wir die Kinder in ihrer Einrichtung besucht. Schon im Eingangsbereich findet sich die Wandzeitung, auf der der MiniFilmclub für alle sichtbar in seiner Entwicklung dokumentiert wird. Filmstreifen hängen dort, jede Menge Fotos von den Kindern und auch Kinderzeichnungen: Eindrücke, die von „Trübsal Adé“ geblieben sind. Das ist für uns besonders spannend.

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Nach einer Hausführung und kurzen Lagebesprechung im MiniFilmclub-Team (das sind nicht nur die Filmmuseums-Mitarbeiterinnen, sondern eben auch die pädagogischen Fachkräfte aus den Einrichtungen!), geht es in den neuen Filmraum. Schon zu Beginn der Zusammenarbeit hatten wir festgestellt, dass ein gemeinsames Ziel ist, nicht nur die Einrichtung und die Kinder mit unserer Cinephilie anzustecken, sondern den Film auch in die Kindergärten zu tragen. Die „Grüne Soße“ hat dafür in ihrem Bewegungsraum einen Beamer installiert, nach jedem Besuch im Filmmuseum nimmt der MiniFilmclub eine DVD mit, und so wird die Sammlung wachsen.

5. Treffen

Beim fünften Treffen des MiniFilmclubs kamen die Mitgliederinnen und Mitglieder ausnahmsweise an einem Freitag zu uns ins Haus. Und wir machten eine Erfahrung, die pädagogischen Fachkräfte schon länger kennen: An diesem Tag sind alle reif fürs Wochenende. Die Kinder waren unruhiger und unkonzentrierter als bei den Besuchen zuvor. Wir hatten also in der Moderation die Aufgabe, sie stärker „bei der Stange“ zu halten, konnten weniger als sonst auf ihre große Neugier setzen. Zum Glück konnten wir zum einen auf unseren Film vertrauen und hatten zum anderen den Schritt „in die Abstraktion“ schon beim letzten Besuch gemacht. Die experimentellen Animationsfilme des amerikanischen Filmemachers und bildenden Künstlers Robert Breer gehören zu den Klassikern des Avantgardefilms. „A Man and his Dog out for Air“ (USA 1957) ist ein sehr reduzierter Film, in dem abstrakte schwarze Linien über das Papier, den weißen Hintergrund, zu fliegen scheinen, immer neue Formen bilden, sich zusammenfinden und auflösen, alles zu durchgehendem Vogelgezwitscher. Titel und Ton sind für die Interpretation des Films bis kurz vor Schluss entscheidend, denn erst da formen die Linien einen Mann mit Hund, beide machen gemeinsam einen dynamischen Rundlauf über die ganze Leinwand und: Weg sind sie. Von der wiederholten Rezeption des Normann McLaren / Evelyn Lambart Films waren die Kinder nun schon daran gewöhnt, dass nicht alles sofort zu erkennen und aufzulösen ist, manches einfach tanzende Linie bleibt. Sie hatten für sich beschlossen, wie beim letzten Mal in das Kino hineinzurufen, wenn sie etwas Konkretes entdecken oder in die Bilder „hineinlesen“ konnten (wie zum Beispiel ‚Vögel’ oder eine ‚Treppe’). Im Anschluss experimentierten wir alle zusammen im vierten Stock mit einer Kiste Sand auf dem Tricktisch, von unten beleuchtet. Nachdem wir den MiniFilmclub-Mitgliedern erklärt hatten, wie das vom Prinzip her funktioniert (eine Bewegung im Sand, Hände aus dem Bild, Kamera macht ein Foto, es piept, weiter geht’s) und jeder und jede mal im Sand gemalt hatte, machten wir unsere übliche kurze Pause. Dabei entspann sich auf Nachfragen ein Gespräch über den gesehenen Film und es stellte sich heraus: In der „Grünen Soße“ gibt es eine pädagogische Fachkraft, die auch hin und wieder mit dem Hund rausgeht. Wir beschlossen, darüber einen Film in den Sand zu malen. Schon die Titelbuchstaben waren eine Herausforderung, die die Kinder aber großartig meisterten. Und als dann noch J. den Mann zum Hund auf den Kopf malte (also die Dynamik des Films aufnahm), war das MiniFilmclubteam wieder einmal begeistert. Mission erfüllt – auch am Freitag!

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