Von Liebe, Tod und Teufel

[two_columns ] Neben den bedeutenden filmhistorischen Faustbearbeitungen Friedrich Wilhelm Murnaus (FAUST – Eine deutsche Volkssage, D 1925/26) und Peter Gorskis (FAUST, BRD 1960) existieren Dutzende weitere kinematographische Adaptionen, viele dieser Schätze aus der Frühzeit des Kinos sind leider nur zum Teil erhalten. Das Deutsche Filminstitut – DIF möchte Ihnen hiermit eine kleine Auswahl besonders interessanter und aufregender Faustverfilmungen anbieten: Häufig in der Tradition früher Jahrmarktsattraktionen stehend, widmen sich diese Filmfragmente den abenteuerlichen, magischen und komödiantischen Elementen innerhalb des Fauststoffs: Wir sehen wundersame Verwandlungen, überraschende Auftritte und z.T. akrobatische Kunststückchen, umgesetzt durch den Einsatz von Stopptricks, Überblendungen und Rauch.

FAUST (FR o.J.) R: George Méliès In George Méliès’ früher Faustadaption (o.J.) stehen die sensationellen Momente, das Spektakel, die „Action“ im Vordergrund. Faust experimentiert und braut einen Trank, mit dem er Margarethe herbeizaubern will, wird dabei aber selbst von Mephisto verhext und manipuliert. Wo Méliès zum Höhepunkt seines Films sogar ein wildes Fechtduell zwischen Faust und seinem teuflischen Widerpart inszeniert, legt das 1912 in der ehemaligen Tschechoslowakei entstandene Tonbild FAUST UND MARGARETE die Betonung auf den teuflischen Pakt zwischen Faust und Mephisto. Leider ist zu unserer Kopie kein Ton überliefert, die beiden Darsteller singen jedoch eine Arie aus der „Faust“-Oper „Margarethe“ von Charles Gounod (1859). Filmhistorisch beeindruckend ist die Tatsache, dass Margarethe nicht auf der Bühne auftritt, sondern nur als Bild erscheint. Dadurch spiegelt sich der Film geradezu in sich selbst, denn die Verführung Fausts durch bewegte Bilder ist schließlich nichts anderes als das, was wir im Kino erleben: die Illusion einer alternativen Realität, in die wir unsere Wünsche und Begierden projizieren können.

[reveal title=“Mehr“ ]Dass aber auch Angstvorstellungen in filmische Bearbeitungen des „Faust“-Stoffs einfließen, zeigt ein nicht identifiziertes, jedoch wunderschön viragiertes Fragment aus unserer Sammlung: Wir sehen den abrupten Übergang von romantischer Zweisamkeit in eine Höllenfahrt. In einem mit edlen Wandvorhängen ausgestatteten Zimmer sitzen Faust und Margarethe nebeneinander auf einer Bank. Die intime Atmosphäre wird jäh gestört, als sich Gretchen plötzlich in Mephisto verwandelt. Doch damit nicht genug: Faust findet sich von immer mehr identischen Doppelgängern des Teufels umgeben und gerät zusehends in Panik. Einen atemberaubenden Höhepunkt erreicht die Handlung, als eine Teufelsgestalt ihre Krallen in Faust schlägt und beide in einer – erneut durch Stopptricks und Raucheinsatz erzeugten – Dunstwolke verschwinden. Nach einem Schnitt befindet sich Faust in der Hölle, wo er Hexen, Kobolden und anderen Höllenwesen begegnet. In diesem kurzen Fragment stehen also eher phantastische und schockierende Elemente im Mittelpunkt.
FAUST (FR 1904) PathéDas vollständigste und erzählerisch komplexeste „Faust“-Fragment stammt aus dem Jahr 1904, es handelt sich um eine (ebenfalls stumme) Pathé-Produktion. Sie besitzt eine Rahmenhandlung, in der ein Erzähler am Klavier die Geschichte einleitet und beendet. Dazwischen sehen wir zahlreiche Stationen des Dramas aufwendig inszeniert: den faustischen Pakt, die Verjüngung des Helden, die erste Begegnung mit Margarethe, den Kampf mit ihrem Bruder, die Inhaftierung der Unglücklichen sowie den Versuch Mephistos und Fausts, sie aus dem Kerker zu befreien. Bemerkenswert an diesem Film ist nicht nur der rasante Wechsel zwischen Innen- und Außenaufnahmen, sondern auch die virtuose Verbindung romantischer, spektakulärer und tragischer Motive des Stoffs, die wiederum in einen humorvollen Rahmen eingebettet sind.

In unseren vier Beispielen kommt die ungebrochene Faszination des „Faust“ aufs interessanteste und abwechslungsreichste mit der Formenvielfalt und dem Ausrucksreichtum des Films zusammen. In ihnen verbinden sich klassischer Stoff und modernes Medium zu wertvollen Preziosen europäischer Kulturgeschichte. Wir hoffen, Ihnen mit unserer Auswahl eine spannende und gleichzeitig vergnügliche Reise in die tragische, phantastische und komische Welt des Doktor Faust ermöglichen zu können. [/reveal]

 

[/two_columns] [two_columns_last ] FAUST UND MARGARETE (CSSR 1912), R: Stanislaw Hlasva

FAUST (o.J.), nicht identifiziert

Verleihkopie:
35 mm, s/w + viragiert, stumm
Länge: 788,4 m – 39 Min. / 18 B/s
Preis: € 120,–

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