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[threefourths_columns ]Wer die kulturelle Globalisierung der Gegenwart verstehen will, kann von der brasilianischen Gegenkultur der 1960er und 1970er Jahre lernen. Mit deren Verbindung von Anthropologie und Avantgarde befasst sich die Campus-Veranstaltung „Tropical Underground“, die neben der „Lecture & Film“-Reihe im Filmmuseum auch die Fotoausstellung „Variationen des wilden Körpers“ im Weltkulturen Museum und weitere Veranstaltungen zwischen Oktober 2017 und Juli 2018 umfasst. Die „Lecture & Film“-Reihe setzt den Akzent dabei auf das Cinema Marginal der späten 1960er und 1970er.
Das Cinema Marginal war zunächst ein Zufallsprodukt der nationalistischen Kulturpolitik der brasilianischen Militärdiktatur. Ein Drittel aller Kinofilme sollte nach dem Wunsch der Junta aus Brasilien stammen, eine den Kinos auferlegte Quote, die von der heimischen Filmindustrie gar nicht erfüllt werden konnte. In der Not wurden die Kinobetreiber zu Produzenten und gaben jungen Regisseur/innen Geld für Low-Budget-Filme. Und genau in dieser Quotennische kam es zu einer kreativen Explosion. Noch neuer als die neue Welle des Cinema Novo wollte das Cinema Marginal sein und stand diesem durchaus kritisch bis polemisch gegenüber. Filmschaffende machten Anleihen beim Horrorfilm und beim Melodram und knüpften – zeitgleich mit der Tropicália-Bewegung in der brasilianischen Musik – an die Themen und Strategien der brasilianischen Avantgarde der 1920er Jahre an. Als einer deren Hauptvertreter hatte Oswald de Andrade in seinem einflussreichen „Anthropophagischen Manifest“ von 1928 die „karibische Revolution“ ausgerufen. Damit begründete er eine eigene, von den Kunstbewegungen der Metropolen Paris und New York verschiedene, brasilianische Moderne. Mit seiner Mischung aus Genrefilm und Avantgarde trägt das Cinema Marginal diese Revolution ins Kino.
Das komplette Veranstaltungsprogramm von „Tropical Underground: Revolutionen von Anthropologie und Kino“ finden Sie hier.
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Jairo Ferreira: Ein erfinderisches Kino
Lecture von Renato Coelho (São Paulo)
Jairo Ferreira (1945-2003) aus São Paulo ist als Kritiker und Filmemacher bekannt. Er ist aber auch der Autor von Cinema de invenção (Cinema of invention), einem mittlerweile zum Klassiker avancierten Buch über die Filme und Filmschaffenden des Cinema Marginal. Zu seinen eigenen Filmen zählt O vampiro da cinemateca (Der Vampir der Kinemathek), ein abendfüllender Super 8-Film, den er zwischen 1975 und 1977 realisierte. Der Film ist eine kraftvolle Mischung aus Experimental-, Dokumentar- und Spielfilm. In diesem filmischen Experiment macht der Regisseur seinen Begriff der „Erfindung“ zum Thema und setzt ihn zugleich selbst ins Werk. Ferreira trinkt darin aus dem Brunnen der kulturellen Anthropophagie, der Menschenfresserei, wie sie der Vordenker der brasilianischen Moderne Oswald de Andrade in seinem Anthropophagen Manifest von 1928 propagiert.
Renato Coelho ist Filmemacher und Filmwissenschafter und lehrt an der Anhembi Morumbi University (UAM, São Paulo). Zu seinen wichtigsten Filmen zählen die Kurzfilme Trem (Train, 2015) und A propósito de Willer (Regarding Claudio Willer, 2016, gemeinsam mit Priscyla Bettim). Er ist überdies der Autor der Monographie O cinema e a crítica de Jairo Ferreira.
O VAMPIRO DA CINEMATECA Der Vampir der Kinemathek
Brasilien 1977. R: Jairo Ferreira.
D: Júlio Calasso, Jairo Ferreira, Luiz Alberto Fiori 64 Min. DigiBeta. OmeU
Ohne Handlung im klassischen Sinne entwickelt Ferreira in O VAMPIRO DA CINEMATECA eine poetische Darstellung seiner Idee des „Erfinderischen Kinos”. Situationen des Alltagslebens in den Straßen von São Paulo vermischt Ferreira mit Szenen aus Klassikern der Filmgeschichte, die er aus dem Fernsehen oder von einer Projektion mit seiner Super-8-Kamera abfilmte. Der Autor als Vampir saugt aus verschiedenen Quellen – nicht nur im Kino, auch in der Poesie und der Musik – und erschafft daraus ein Porträt seiner Zeit.
Vorfilm: O GURU E OS GURIS (BR 1973. R: Jairo Ferreira. 12 Min. DigiBeta. OmeU)
[/threefourths_columns] [onefourth_columns_last ]Donnerstag, 07.12.2017
20:15 Uhr
Filmbeginn:
ca. 21:15 Uhr
Eintritt frei
Reservierung empfohlen
[/onefourth_columns_last]
[reveal title=“Mitschnitt der Veranstaltung“ ]
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„Das leere Boot : Meteorango Kid und das brasilianische Cinema Marginal”
Lecture von Christopher Dunn (New Orleans)
André Luiz Oliveiras METEORANGO KID: O HERÓI INTERGALÁTICO (1969) ist ein wichtiger, wenn auch oft übersehener Film des Cinema Marginal. Im Gegensatz zum Cinema Novo entledigte sich dieses Low-Budget- Kino des modernistischen Kunstanspruchs und der revolutionären Politik. In der repressiven Phase der brasilianischen Militärdiktatur verlieh es stattdessen dem Gefühl der Machtlosigkeit und der Desillusionierung der Mittelklasse-Jugend Ausdruck. In Teilen verspielt und traumartig, enthält METEORANGO KID auch alptraumartige Szenen. Sie handeln von der Revolte und der Entfremdung unter Studierenden in Salvador, der Hauptstadt des Bundesstaates Bahia, die in den 1960er und 1970er Jahren ein Mekka der Hippies war. METEORANGO KID erzählt zugleich von der überschäumenden Lebensfreude und der tiefen Verzweiflung der brasilianischen Jugend in einer konservativen und repressiven Gesellschaft, die jeglichem kulturellen und sozialen Wandel feindselig gegenüberstand.
Christopher Dunn ist Professor für brasilianische Literatur und Kultur an der Tulane University in New Orleans. Er ist der Autor von Brutality Garden: Tropicália and the Emergence of a Brazilian Counterculture und Contracultura: Alternative Arts and Social Transformation in Authoritarian Brazil, beide erschienen bei University of North Carolina Press.
METEORANGO KID — O HERÓI INTERGALÁTICO
Brasilien 1969. R: André Luiz Oliveira
D: Antônio Luiz Martins, Maria Adelina, Carlos Bastos 85 Min. Digital. OmeU
Der Student Lula erlebt an seinem Geburtstag verschiedene Abenteuer. Er ist Vertreter einer von der Militärdiktatur unterdrückten Generation, die unter der rückschrittlichen Moral einer passiven und heuchlerischen Gesellschaft leidet. Der anarchische Antiheld durchsteht dieses tägliche Chaos mithilfe seiner Fantasie und seiner libertären Wahnvorstellungen. METEORANGO KID hinterlässt eine Spur der Nichtkonformität und versteht sich als Einladung zur Rebellion auf allen Ebenen.
[/threefourths_columns] [onefourth_columns_last ]Donnerstag, 21.12.2017
20:15 Uhr
Filmbeginn:
ca. 21:15 Uhr
Eintritt frei
Reservierung empfohlen
[/onefourth_columns_last]
[reveal title=“Mitschnitt der Veranstaltung“ ]
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